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Annes Psycho-Kiste

ZurĂĽck zu Anne Lindenberg
 Psycho-Holistik Empfang > Anne Lindenberg > Blog: Annes Psycho-Kiste

Anne meint:

Bei Weitem nicht alles, was ich an Erkenntnissen im seelischen Bereich angesammelt habe, bringe ich in meinen Bildungsangeboten und Kursen unter.
Manches davon ist zu schade, um es nur in meinem Hirn (und Herz!) zu bewegen. Also: Raus damit an die frische Luft!
Und das gibt es hier.
1 Paul erfindet Sneakers mit Blei in den Sohlen
​Eine traumasensible und prozessorientierte körperpsychotherapeutische Sitzung
PAUL ERFINDET SNEAKERS MIT BLEI IN DEN SOHLEN
​
Eine traumasensible und prozessorientierte körperpsychotherapeutische Sitzung
Bunte Sneakers von der Seite
Paul, 35 Jahre alt, ist ausdrücklich mit dem Wunsch nach Körperarbeit zu mir gekommen, mit dem Auftrag, dass wir herausfinden, warum er seinen Job durchgehend mega anstrengend findet und ob und wie es ihm gelingen könnte, alles ein wenig leichter zu nehmen, mit, wie er es sich wünscht, „mehr Flow und Spaß“.
Es ist unsere sechste Sitzung. Paul erzählt von seinem Chef. Er wird dabei immer angespannter, bis er schließlich durch zusammengebissene Zähne und mit geballten Fäusten regelrecht knurrt: „Manchmal könnte ich ihn …!“
Ich frage: „Ja, was könntest Du ihn?“
Sofort wechselt seine Körperhaltung, er fällt etwas zusammen, lächelt mich entschuldigend an und sagt obenhin: „Ach, manchmal treibt er mich eben zur Weißglut!“
Ich: „Huch, wohin ist denn die Weißglut jetzt so schnell verschwunden?“
Paul: „Keine Ahnung. Als Du mich gefragt hast, war ich erschrocken und wollte mich wieder gut benehmen.“
Ich: „Könnte es sein, dass Du eine Person hinter mir vermutest? Nur zum Ausprobieren: Stellst Du in Deiner Vorstellung diese fiktive Person bitte mal ein Stück entfernt von mir hin?“
Paul: „Ja … Oh, das ist die Mama. Sie hat Angst, dass Vater und ich uns schlagen. Das halte ich nicht aus und will ganz lieb und harmlos sein - für sie.“
Ich: „Wie alt bist Du in dieser Szene?“
Paul: „Ich schätze, so etwa 15, 16.“
Ich: „Findest Du diesen starken Kontrast zwischen Wut und lieb sein auch im Job wieder?“
Paul überlegt einen Moment und meint dann: „Jetzt, wo Du mich so fragst… tatsächlich fällt mir grad auf, dass ich mich dann in meine Wut reinsteigere, wenn ich weiß, dass mit Sicherheit gleich eine Kollegin reinkommen wird, so dass ich mich wieder einkriege. Ist ja merkwürdig, das war mir bis jetzt nicht klar.“
 
Paul hat gerade entdeckt, dass er zwei völlig gegensätzliche, sehr intensive Emotionen in sich aufhebt (Wut und unterwürfiges „Lieb sein“), die sich gegenseitig limitieren und so auch regulieren.
Das Problem ist, dass beide Zustände viel Kraft kosten und keiner der beiden soweit ausgeführt wird, dass danach wirklich eine Entspannung eintreten könnte. Wenn Paul seinen Arbeitsaufgaben nachgeht, während ein beträchtlicher Teil seiner Kapazität mit dieser Austarierung beschäftigt ist, wundert es nicht, dass er die Arbeit als sehr anstrengend erlebt.
Das kann er nun selbst entsprechend formulieren.
An dieser Stelle bieten sich in einer traumsensiblen und prozessorientierten körperpsychotherapeutischen Sitzung mehrere Fortsetzungen an:
  1. Wir könnten jeden der beiden Zustände nacheinander gründlicher erkunden und jeweils tiefer hineingehen (Körperarbeit mit verstärkten Impulsen).
  2. Wir könnten eine Aufstellung machen, um zu untersuchen, ob es nur seine eigenen Emotionen sind oder ob er trianguliert war (also verstrickt und Teil der Dynamik zwischen seinen Eltern war), so dass er deren Emotionen in sich aufhebt und sie verwalten muss (körpersystemische Ebene).
  3. Paul könnte lernen, sich besser abzugrenzen und seine Emotions-on-the-Job besser von seinen Privatgefühlen zu trennen (Coaching-Ebene).
  4. Ich könnte Paul diese Möglichkeiten vorstellen und ihn wählen lassen, wie es weitergeht. Das hätte den Nachteil, dass wir solange auf die verbale und damit mehr auf die kognitive Ebene gehen müssten. Danach wäre erst wieder ein kleines WarmUp zum Umschalten nötig, um mit Körperarbeit weiterzumachen.

Ich frage ihn: „Mit dieser Erkenntnis: Was geht jetzt in Dir vor?“ (Selbstexploration, Spüren und bewusst Wahrnehmen)
Paul schaut nach oben, seine Augen wandern hin und her. Er sucht also nach einer Antwort, die mir recht wäre. Das ist genau genommen ein erster Trauma-Marker: Pauls Schutzmechanismen bringen ihn vom Spüren weg ins Spekulieren.
Ich bitte ihn, eher nach unten zu schauen und minimal tiefer zu atmen.
(Mit der lediglich minimalen Atemvertiefung verhindern wir, dass eine eventuell vorhandene Traumaladung, die zu diesem Thema gehört, sich plötzlich lawinenartig löst und Paul überflutet, dessen Nervensystem vielleicht noch nicht gut genug ausgerüstet ist, um sie zu handhaben.)
Dennoch brauchen wir ja etwas Kontakt, damit der Prozess weitergehen kann.
Nach etwa einer Minute sagt er: „Es ist sehr merkwürdig. Ich fühle mich wie so ein Yin-Yang-Zeichen, wo sich Schwarz in Weiß und wieder zurück zu Schwarz wandelt. Das ist extrem unbehaglich. Ich finde gar keinen dauerhaften Zustand, von dem ich „So bin ich“ sagen könnte!“
Wir sind also nun in die Nähe einer traumatischen Empfindung geraten, in der das wiedererkennbare Merkmal der ständige Wechsel der inneren Verfassung ist.
Ich frage ihn: „Wenn Du Dir etwas wünschen könntest, wie Du Dich stattdessen fühlen möchtest, was könnte das sein?“ (Der Wahrnehmungsfokus wird auf die Erfindung einer Ressource gelenkt.)
Paul atmet gut weiter, nur ein wenig tiefer als sonst. Er antwortet: „Ich brauche zunächst mal einen festen Punkt, an dem ich mich festhalten kann, der immer da ist!“
Ich: „Vielleicht mag Deine Innenverwaltung Dir ein Bild schicken, oder ein Symbol, oder eine Form und eine Farbe, wie dieser fixe Punkt aussehen und sich anfühlen könnte?“
Paul stellt sich vor, diese Frage immer mit dem Einatmen nach Innen weiterzuleiten und beim Ausatmen seinen Kopf für jedwede Antwort zu öffnen („open minded“, ein Element aus dem Focusing)
Nach einigen Atemzügen lächelt er ganz leicht und sagt: „Ich wünsche mir Schuhe mit Blei in den Sohlen. Ich kann diese Schuhe sogar deutlich sehen, bunte Sneakers mit dicken Sohlen, in denen ich gleichzeitig ein wenig größer bin und fest auf dem Boden stehe, auch wenn um mich herum ein starker, böiger Wind weht.“
Ich lade Paul ein, seinen Sessel zu verlassen und sich so im Raum hinzustellen, dass er Platz um sich herum hat und mit einer angenehmen Blickrichtung, um diese Sneakers mal „anzuprobieren“.
​Er nimmt diese Einladung an (Wir hatten zu Beginn der Sitzungen ein „Veto-Recht“ vereinbart, dass Paul also jeden meiner Vorschläge auch ablehnen kann und wir anders weitermachen = Unterstützung der Autonomie, ein Traumabewältigungs-Element).

Ich bitte Paul, sich zunächst in Socken hinzustellen (In meinem Praxisraum werden keine Straßenschuhe getragen), diesen Zustand einen Moment lang wahrzunehmen und dann in seine fiktiven Sneakers zu steigen und sich auf den Unterschied zu konzentrieren.
Da taucht wieder das leichte Lächeln in seinem Gesicht auf, er schließt die Augen, wiegt sich leicht hin und her und atmet sogar leicht und flüssig ohne meine Aufforderung.
Ich lade ihn ein, diesen Zustand zu genießen. Er muss nicht gleich wieder etwas sagen, sondern kann in seinem „Space“ ganz bei sich sein.
Nach etwa zwei Minuten sagt er mit weiterhin geschlossenen Augen (was einerseits zeigt, dass er sich einigermaßen sicher in meiner Gegenwart fühlt und sich andererseits ganz auf sich konzentrieren kann, was angesichts der anfänglichen Mutterübertragung ein sehr schöner Schritt ist):
„Irgendwie habe ich das Bild, dass Mutter links von mir steht und Vater rechts. Beide schauen mich durchbohrend an. Sie sind mir beide viel zu nah, ich will sie weiter weg von mir und weiter nach vorn haben!“
Er macht unterstreichende wedelnde und scheuchende Hand- und Armbewegungen, bis er erleichtert aufseufzt (eine spontane Körperreaktion, die Entspannung und Erleichterung auf organismischer Ebene anzeigt, ebenso wie das leichte spontane Lächeln) und sagt: „Da können sie bleiben!“
Er öffnet die Augen und schaut auf die entsprechenden Stellen. Ich markiere sie nach seinen Anweisungen mit je einem Paar Pantoffeln. Die Eltern schauen sich nun gegenseitig an.
Paul sagt: „Interessant … Mir kommt grad die Idee, dass ich beide innerlich so nah bei mir gehalten habe, um einen Halt zu finden, aber sie haben mich destabilisiert! Jetzt, mit meinen Bleisohlen in den Schuhen, brauche ich sie nicht mehr so nah und kann ihnen sagen: ,Was zwischen Euch ist, geht mich heute nichts mehr an!‘ “
Ich bitte Paul, sich umzudrehen und zwei Plätze zu wählen, wo jetzt eine der Kolleginnen und wo sein Chef stehen könnte.
Er benennt die Stellen, an denen ich wiederum jeweils Pantoffeln platziere.
Er lässt diese Konstellation auf sich wirken und meint:
„Dieser Abstand ist schon mal viel besser. Ich glaube, dass die hier - er deutet auf seine imaginären Schuhe - meine Arbeitsschuhe werden. Ich werde sie immer bewusst anziehen, bevor ich in die Arbeit gehe.
Da wird sich noch einiges verändern. Das ahne ich, kann zwar noch nicht genau sagen, wie, aber es wird eine gute Richtung!“
Und wieder das leichte Lächeln.
Mit diesem Happy End beschließen wir die Sitzung.
Im weiteren Verlauf wird Paul sich der Aufgabe stellen, seine eigenen Emotionen von denen seiner Eltern und von denen seines aktuellen Umfeldes unterscheiden zu lernen, sie im Guten zu verwalten und seine Zentriertheit und Stabilität weiter auszubauen.
Falls Paul es für nötig und sinnvoll hält, könnten wir auch, nach der Erarbeitung der entsprechenden hilfreichen Ressourcen und innerem Halt, in seine Babyzeit gehen, um die offensichtlichen Defizite aus dieser Zeit aufzufüllen.
 
Die verwendeten methodischen Elemente dieser Sitzung:
  1. Eine nicht wertende interessierte Grundhaltung der Therapeutin (Personenzentrierte Gesprächspsychotherapie nach C. Rogers)
  2. Raumgebende nondirektive Gesprächsführung (Psychoanalyse; und ebenfalls Rogers)
  3. Traumasensible offene Fragetechniken (Tracking aus Hakomi)
  4. Verzicht auf Gewalt (durch Lenkung des Prozesses), stattdessen vertrauensvolles bedingungsloses Mitgehen mit dem Prozess (ebenfalls aus Hakomi)
  5. Für den Klienten transparente Hypothesenbildung (Könnte es sein, dass Du eine Person hinter mir vermutest?) aus dem Systemischen Ansatz
  6. Begleitete Regression (aufdeckend, aus der Psychoanalyse und der tiefenpsychologischen Körperpsychotherapie)
  7. Selbstexploration (Psychoanalyse und die humanistischen Psychotherapieansätze)
  8. Spüren, Atmen, Achtsamkeit für innere Vorgänge (ein Kernelement der Körperpsychotherapie, spezieller auch: traumasensible Atemtechniken / Atembeobachtung / Atemlenkung = Atemtherapie)
  9. Beachtung und Deutung der Augentätigkeit (NLPt)
  10. Arbeit mit inneren Bildern (Hypnotechniken, tiefengesteuertes Bild-Erleben)
  11. Erkennen und Transformieren der inneren Abbildung der Familie (IFS, Arbeit mit der Inneren Familie)
  12. Ersetzen von alten Konstrukten durch neue Konstrukte (Konstruktivismus, Systemischer Ansatz, NLPt)
  13. Körperdialoge (Focusing)
  14. Unbedingte Beachtung der Autonomie und der gezeigten Grenzen und Bedürfnisse (Traumabewältigung)
  15. Das Prinzip Problem - Ressource - Idee - Anwendung (aus Problem L.O.S. FRAI, der Lösungsorientierten Selbstregulation, beschrieben in diesem Buch)
  16. Durchgehend pädagogisch-didaktische Einschätzung der Belastungs-, Einsichts- und Verarbeitungskapazität des Klienten und damit einhergehend Wahl von Wortwahl, Sprachniveau, Tempo etc. (Psychotherapeutische Basics, auch als Pacing aus dem NLP)
  17. Mit einem Erfolg, einem guten Schritt die Sitzung beenden = Happy End (aus der Biodynamischen Psychotherapie nach G. Boyesen)
  18. Im Hintergrund schwingt die Grundeinstellung der Therapeutin mit, dass jedes Phänomen und jedes Symptom einen guten Grund hat und den Versuch der Seele darstellt, eine Not(lösung), ein Anliegen, einen Wunsch, ein Bedürfnis oder die Last eines alten Themas auszudrücken - und dass die Jetzt-Situation dankenswerterweise in Anbetracht aller wichtigen Faktoren bisher die beste Möglichkeit darstellte und sich gern in etwas noch Besseres verwandeln möchte (dieses Prinzip findet sich u. a. in der Lösungsorientierten Kurzzeittherapie und der positiven Psychologie).
 
In dieser etwa 60 Minuten umfassenden Sitzung sind also mindestens 19 methodische Elemente und Prinzipien zur Anwendung gekommen, die sich zur Kombination anboten, obwohl der Fokus auf der Körperarbeit lag.
(Natürlich gibt es zwischen den Methoden gemeinsame Schnittmengen)
Das ist das psycho-holistische Vorgehen im besten Sinne!

Sie wollen dieses Vorgehen erlernen?
Dann sind Sie herzlich zur Teilnahme an der traumasensiblen und prozessorientierten Fortbildung in Körperpsychotherapie eingeladen!
2 Veränderung? Nachhaltig? Gar nicht so einfach!
VERÄNDERUNG? NACHHALTIG? GAR NICHT SO EINFACH!
Ich will anders werden, etwas anders machen, anders denken oder fühlen ...
Rote Raupe mit weißen Punkten kriecht auf Lärchenzweig
Von diesem Wunsch, den unzählige Menschen haben, lebt eine ganze "Wunscherfüllungsindustrie", sei es im Beratungs-, Coaching- und Psychotherapiebereich. Natürlich kommt noch die ganze "Versprechensindustrie" hinzu, seien es Fashion, Kosmetik, Ernährung, Statussymbole, nicht zuletzt die Ästhetische Chirurgie  und so weiter.
Sie alle bedienen innere Unzufriedenheiten, innere Nöte, innere Defizite und wecken große Hoffnungen auf Glück und persönliche Aufwertung - wieder und wieder, weil:
So einfach ist es dann doch nicht!

Veränderungswünsche - Backgroundcheck
Sehr viele größere  Veränderungswünsche wollen das Selbstwertgefühl heben, das wiederum sehr oft eng mit der sozialen Anerkennung zusammenhängt.
​
Beharrliche Kräfte, auch Komfortzone genannt
Leider oder zum Glück, je nach Sichtweise, ist ein einmal eingerichtetes "Ich-System" erstaunlich stabil und widerstandsfähig.
Selbst wenn nach zäher Arbeit an sich selbst oder im heroischen Hauruck-Verfahren eine Veränderung erreicht wird, kann sich diese schleichend wieder zurück verwandeln (10 kg abgenommen und zwei Jahre später 12 kg zugenommen), kurzerhand abgebrochen werden (Seit 8 Monaten NichtraucherIn! Haha, und ab morgen wieder RaucherIn!), oder die Unzufriedenheit sucht sich einen neuen Spielplatz (Ich bin endlich einE dünneR NichtraucherIn, hurra! Blöd nur, dass mein Blutdruck immer mehr nach oben klettert).

Wilhelm Busch fasste das so zusammen:
"Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge"
​

Innere Haltungen werden fleißig eingeübt: "Positiv, gelassen, achtsam, geduldig etc. etc.", bis der eigene seelische Schatten, in den wir alles hineingedrückt haben, was nicht zum Engelsimage passt, bis hinter den Horizont reicht (die Folgen sind unabsehbar, weil ganz individuell) und wir jedes Gefühl für uns selbst verloren haben.

Jeder Wunsch, etwas wirklich Einschneidendes zu verändern, wird entweder ziemlich easy umgesetzt, weil es zu einem passt. Und dann bleibt es auch anders, ohne größere Anstrengungen. Dann war es dran und dann war es richtig.
​Und es war höchstwahrscheinlich ein "Hin-zu-Bewegung" und intrinsisch motiviert, also ein Veränderungswunsch, der aus dem eigenen Innenleben entstand.
​
Oder die Veränderung wird schwierig. In dem Fall, so die traurige Realität, ist das Ringen eine "Weg-von-Bewegung". Da gibt es etwas, das beharrlich ist und sich verweigert. Je größer die Anstrengung, desto mehr wächst der Widerstand. Oder dieser "innere Bilanzheini" sorgt mit seinen Tricks dafür, dass wir uns trotz gelungener Veränderung kein Stück glücklicher fühlen.

Die Überlebenswächter
Natürlich sind frühe psychische Traumatisierungen oft Ursache des Verharrungsvermögens, denn um sie herum haben sich alle jene Strukturen gebildet, die das reine Überleben sichern.
​Traumatisierungen folgen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und Folgerichtigkeiten, die mit der Realität: "Aber die Gefahr ist doch längst vorbei!" nicht unbedingt deckungsgleich sind.
Eine weitere Ursache ist das Grundbedürfnis nach Kontinuität:
Wir wollen uns auch morgen und übermorgen als die Person wiedererkennen, die uns bestens vertraut ist.
Deshalb  wirken sogar positive plötzliche große Veränderungen verstörend und destabilisierend, wovon viele LottogewinnerInnen und überraschend Beerbte ein Lied singen können.
Auch plötzliche tolle psychische Veränderungen können in vielen Fällen nicht dauerhaft gehalten werden, siehe die "Erleuchtungsindustrie". Sonst wäre geschätzt mindestens ein Drittel der Bevölkerung ja schon endgültig erlöst und glücklich bis ans Lebensende.

Die drei Game-Changer
Abgesehen von sich verändernden äußeren Umständen, die uns eine zuweilen auch kraftzehrende Anpassungs- und Veränderungsleistung abfordern, gibt es für wirklich wichtige und /oder große Veränderungen, die sich dann auch dauerhaft etablieren, nur drei gute Möglichkeiten, naja, eigentlich nur eine gute, denn die zweite ist durchaus hinterfragungswürdig und die dritte ist nicht angenehm, eröffnet aber immerhin Möglichkeiten:

1. Möglichkeit: Ganz leicht und von selbst
Ich entdecke meinen Wunsch nach Veränderung und finde zügig Möglichkeiten, ihn mir zu erfüllen.
Oder ich kann zumindest einen guten Plan dafür machen und ihn ohne große Anstrengungen Schritt für Schritt umsetzen.
Oder während ich den Wunsch nach Veränderung bemerke, passiert sie schon.
Oder die Veränderung passiert, und kurz danach bemerke ich, dass ich genau das wollte und nun viel besser dran bin.
"Es" geht wie von "selbst".
Also ist alles, was sich so im Bewusstsein und im Unbewussten (dem "Es") tummelt, was in Summe mich "selbst" ausmacht, einverstanden und zieht gerne mit.
Ideal!

2. Möglichkeit: Faszinierend!
Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Fascia" meint ein Bündel, Band oder eine Verbindung. Wenn uns also eine Idee, für deren Umsetzung wir uns erheblich ändern müssten, regelrecht anspringt und nicht mehr los lässt, dann sind wir fasziniert. Oftmals sind wir gleichzeitig auch euphorisiert, so dass die Veränderung sehr zügig und manchmal in großen Sprüngen vorwärts geht:
Wer fasziniert vom Tauchen ist, wird den Tauchschein recht schnell in der Tasche haben und eröffnet sich den Zugang zu neuen Welten.
Ob eine Veränderung, die auf diese Weise zustande kam, dauerhaft und insgesamt positiv ist, kann nur der weitere Verlauf zeigen.
Über das psychologische Instrument Faszination kann auch hervorragend manipuliert werden, wovon alle Menschen, die im großen Stil mittels windiger Geldanlagen um ganze Vermögen gebracht wurden, ein Lied singen können.
Faszination wird von praktisch allen, die etwas zu verkaufen haben, gezielt eingesetzt, um innere Bedenken des Gegenübers zu übertönen: Das Geschäft Hoffnung.

Orangefarbener Schmetterling sitzt auf Blume
​3. Möglichkeit: Leidensdruck
Er stellt den nicht so schönen, aber verbreitetsten Wirkfaktor für große und dauerhafte Veränderungen dar:
​Einfach, weil es nicht mehr anders geht!
Wenn jemand eine bestimmte Art des Umgangs in der Partnerschaft von Kindheit an vorgelebt bekommen und verinnerlicht hat, braucht er/sie vielleicht mehrere sehr unschöne Abbrüche eigener Partnerschaften, bis er/sie überhaupt die Möglichkeit hat, sich dieses verinnerlichten Modells bewusst zu werden, es auf den Prüfstand zu stellen und nachzubessern.​
​
Erst wenn die Kosten des bisherigen So-Seins deutlich den Nutzen und die Freuden der Komfortzone überwiegen und die Leidensbereitschaft an ihre Grenzen kommt (die übrigens bei nicht wenigen Menschen erstaunlich hoch ist!), lassen sich die Persönlichkeitsstrukturen bewegen und dauerhaft verändern.

Daraus lässt sich ableiten:
Leidensdruck kann als Freund angesehen und genutzt werden.
Manchmal muss dieser Freund allerdings an Brisanz zulegen, bis er sich in eine Krise verwandelt.
Und selbst dann noch sind die Beharrungskräfte der Ich-Struktur manchmal so stark, dass die Krise sich bis zur Katastrophe steigern muss, um eine grundlegende Veränderung zu bewirken.
Das ist sehr häufig ein Anzeichen für starke Ambivalenzen von entgegengesetzten Aspekten innerhalb der Persönlichkeit, die um Dominanz und Recht bekommen gegeneinander kämpfen.

Sieht sich jemand am Arbeitsplatz chronisch unterfordert und würde sich gern verändern, um bei anspruchsvolleren Aufgaben zeigen zu können, was er/sie kann, könnten ängstliche Beharrungskräfte verhindern, dass er/sie sich wirklich weg bewirbt.
Ein Boreout kann sich bis in eine ähnliche Dramatik steigern wie ein Burnout, und wenn das nicht als Motivationshilfe reicht, kann noch die Katastrophe des dauerhaften Verlustes des Arbeitsplatzes folgen.

Hilfreiche Geister
Die folgenden Faktoren, die eine gezielte Veränderung unterstützen, können bewusst eingesetzt werden:

KnowHow
Manches muss beim Alten bleiben, weil die Ausrüstung für die reale Umsetzung des Neuen fehlt.
Wer beispielsweise immer vor den Eltern kuschen musste, braucht vielleicht erst eine Idee, dass er/sie sich nicht alles vom Chef gefallen lassen muss, dann die Kenntnisvermittlung einiger innerer Haltungen, Gesprächstechniken, Strategien, Tools und Skills und anschließend das Training im Rollenspiel, um dann das neu gewonnene Selbstverständnis als "Mensch auf Augenhöhe mit dem/der BossIn" im Real Life zu erproben.
Geht doch!

Demut
Nur weil ein Persönlichkeitsanteil fasziniert ist oder leidet und sofortige Veränderung wünscht, heißt das nicht, dass sich die sonstige Innenbevölkerung nun gleich einhellig einverstanden erklärt. Gefragt ist hier die Entwicklung einer Instanz, die wir innere Führungskraft nennen können. Auch BürgermeisterIn oder DirigentIn oder der/die gute KönigIn wären passende Metaphern.
Der kooperative Führungsstil strebt für alle wichtigen und essentiellen Entscheidungssituationen einen Konsens an, mit dem tatsächlich alle "inneren BürgerInnen" leben können.
Der angestrengte Einsatz von Willenskraft ist immer ein Zeichen für eine autoritäre innere Führung, die sich über die Wünsche und Bedürfnisse anderer Bevölkerungsanteile hinwegsetzt. Auch wenn es bestimmte Situationen gibt, in denen kurzfristig klar entschieden und geführt werden muss, wird sich die so gezüchtete innere Opposition früher oder später unbequem bemerkbar machen.

Schon Oscar Wilde merkte dazu an:
"Ambition is the last refuge of the failure"

Spielen
Veränderungswünsche, die in anstrengende Kämpfe mit den sogannten Inneren Schweinehunden münden, werden als erschöpfend, zäh und ausgesprochen unlustig erlebt.
Die gute Nachricht: Aus einer bestimmten Perspektive betrachtet kann fast jede Situation, auch ein steckengebliebener Veränderungsprozess, zwischendurch auch mal als unterhaltsames Mitmach-Kabarett genossen werden.
​Das kann ganz leicht getestet werden:
Eine sehr lustige, bissige Kabarettsendung anschauen und direkt anschließend die Nachrichten. Lacherfolg garantiert!
​
Unsere angestrengten und ängstlichen inneren Kinderabteilungen warten sehnsüchtig auf eine Gelegenheit, die Anspannung in erlösendes Gelächter abfließen zu lassen, um dann spielerisch und gut gelaunt auf ganz tolle neue Ideen für Veränderungen und ihre machbaren und dauerhaften Umsetzungen zu kommen.
Lachen inspiriert!

Für mich - für Dich - für Euch - für uns!
Wenn sich die Motivation für größere und dauerhafte Veränderungen nicht nur auf sich selbst bezieht, sondern nahestehende Menschen, die einem wichtig sind, sich ebenfalls darüber freuen würden, dann hilft die Ebene von Beziehung und Verbindung, genügend Kraft und Lust für die Veränderung aufzubringen und sie auch beizubehalten.
Hat zum Beispiel eine Frau sehr negative Erfahrungen mit ihrer Mutter verinnerlicht und lehnt dieses Mutter-Modell dementsprechend ab (gleichgesetzt: ein Mann mit seinem Vater), wird sie vielleicht erst durch eigene Kinder die Kraft aufbringen, sich diesem Thema zu stellen und eine ganz eigene Definition für "Mutter sein" zu erarbeiten, die dann auch umgesetzt werden kann:
​Für Dich, mein Kind!

Fazit
Damit größere Veränderungen ohne schädliche Nebenwirkungen gelingen und auch dauerhaft bleiben, lohnt der selbstehrliche Blick in die Inneneinreichtung und - ausrüstung und dann ein überlegtes Vorgehen, Schritt für Schritt, damit alle "da drinnen" den Weg gern mitgehen!

3 Die subtile Gewalt der Sprache
DIE SUBTILE GEWALT DER SPRACHE
Sprache als subtile Gewaltausübung und Ignoranz-Erzeugung

Gewaltausübung mit Sprache, Mann in Neongrün spricht und stößt dunkle Wolken aus
Wir werden von Sprache stark beeinflusst:
  • Wir können uns selbst in eine schlechte Verfassung denken und umgekehrt mit den richtig formulierten Gedanken wieder in Wohlbefinden bringen.
  • Wir beeinflussen einander mit Sprache und werden nicht nur von den lieben Mitmenschen, sondern auch von Medien, Werbebotschaften, Büchern und so weiter stark beeinflusst.
  • Doch nicht nur das, was gesagt wird und wie, sondern auch das, was nicht gesagt wird, beeinflusst uns, wenn zum Beispiel ein Teil eines Ablaufes weggelassen wird und dadurch ein falscher Eindruck entsteht.
  • Etwas feingestrickter funktioniert es noch besser, wenn die Gewichtung von Fakten und Faktoren durch Sprache so dargestellt wird, dass beim Empfänger genau die Meinung gebildet und die Reaktion erzeugt wird, die der Absender anzielt, der sich gleichzeitig noch durch faktentreue Darstellung legalisiert und schwer hinterfragbar und angreifbar macht.
  • Eine vierte Art der Beeinflussung besteht aus unausgesprochenen Implikationen und subliminalen Botschaften: Wenn ich behaupte, etwas sei gut, hebe ich es heraus und werte alles Vergleichbare ab.

Ein Beispiel dafür ist das Loben: „Das hast Du gut gemacht!“
Meist ohne es zumindest bewusst zu wollen, sagt der Absender damit gleichzeitig im Subtext:
  1. Ich bin hier der Richter, ich habe das Recht, Dich zu werten.
  2. Damit ist implizit verknüpft, dass dieses Recht zur Aufwertung UND zur Abwertung benutzt werden kann.
Das hinterlässt beim Empfänger verschiedene unterschwellige Empfindunge: Er findet sich im Rang unter dem des Absenders wieder, der über ihn urteilen darf. Er freut sich an dem Lob, sein Körper erlebt jedoch auch Stress, denn damit verbunden ist die Drohung: Ich hätte Dich mit meinem Urteil auch zerschmettern können!
Lob wird dementsprechend zu Recht unterschwellig als Manipulationsversuch erkannt.
Sprache ist also einer der Fäden, an denen wir so tanzen, wie es der Puppenspieler will.
Wer eigenständiges und freies Denken und Fühlen anstrebt, kommt nicht umhin, mit der Sprache, der er ausgesetzt ist und die er selbst stumm im Denken wie auch laut im Reden und Schreiben verwendet, aufmerksam und sorgfältig umzugehen.

Missbrauch ist ein gefährliches Wort
Besonders perfide wirkt sich der Missbrauch von Sprache bei der Beschreibung von Verbrechen an den schützenswertesten Mitgliedern unserer Gesellschaft aus: Den Kindern und Benachteiligten.
Wie gerade formuliert, kann Sprache missbraucht werden und wird es leider auch sehr verbreitet.
Ebenso können Macht und Mittel missbraucht werden. Einfluss ebenso wie guter Wille und gute Absicht, Naivität, Vertrauen und ein guter Ruf. Auch die Medien und die Politik können missbraucht werden.
Fällt Ihnen etwas auf? Es sind alles abstrakte „Zielobjekte“.
Von der Benutzung des Begriffes „sexueller Missbrauch“ habe ich mich schon vor längerer Zeit distanziert, als mir klar wurde, dass damit fast unmerklich gleichzeitig vermittelt wird, dass der “Gebrauch“, in diesem Fall also der sexuelle Gebrauch von Menschen, auch Kindern, anscheinend völlig in Ordnung ist, da es ja auch die böse Variante „Miss-“ gibt.
Durch diese Etikettierung wird dem Tatbestand die Wucht genommen und in Verharmlosungswatte gehüllt. Das, was da passiert, fährt unter diesem verzerrten Etikett einfach nicht als Schrecken durch alle Glieder, sondern bleibt stecken irgendwo zwischen kopfiger Zurkenntnisnahme, leiser Betroffenheit und Schulterzucken.
Um diese Taten zu beschreiben, eignen sich meiner Ansicht nach diese Begriffe besser, die ohne Euphemisierung, also versteckter Verharmlosung auskommen:
  • Sexuelle Gewalt.
  • Destruktive Übergriffe.
  • Zerstörung der Integrität und der Persönlichkeit.

Opfer sind edel?
Einen weiteren Begriff in diesem Zusammenhang habe ich näher betrachtet, als ich bemerkte, dass auch die Kombination von „sexuellem Missbrauch“ mit „Opfer“ eine merkwürdig stumpfe Reaktion in mir bewirkt.
In der Kulturgeschichte der Menschheit hat das Opfern, soweit wir wissen, eine Jahrtausende alte Tradition. Durch das Opfern wurden und werden höhere Mächte besänftigt, sprich: bestochen und bezahlt, um sie gnädig und wohlwollend zu stimmen. Das, was geopfert wurde, musste einen schmerzhaften Verzicht darstellen, sonst war es wirkungslos. Und alle, die diesen Verzicht leisteten, also die, die opferten, wurden als edle Wohltäter des betreffenden Kollektives angesehen; sie bekamen einen erhöhten Status und Stellenwert.
Ebenfalls bekamen die (Menschen-)Opfer posthume Anerkennung und Dankbarkeit für den Dienst, den sie für die Gemeinschaft leisteten, indem sie sich aufopferten, unabhängig davon, ob sie es freiwillig taten oder gezwungen worden waren..
Verwandt mit dem Wort Opfer sind Begriffe wie: Offenbarung, Offerieren, Operieren.*
„Opfer“ ist also ein Wort, das die Perspektive des Täters, bzw. dessen, der opfert beschreibt:
Er gibt etwas hin, bietet es höheren Mächten zur Vernichtung dar.
Und es beschreibt die Perspektive der Gemeinschaft, die sich durch das Opfer für eine Zeitlang von dem Zorn der Götter freikauft.
Das ist der Nimbus**, der das Wort „Opfer“ auch heute noch, wieder einmal subliminal, also unterschwellig, umweht.

Im Fall von Gewaltausübung, auch sexueller, opfern Täter den „höheren Mächten“. Diese höheren Mächte bestehen aus ihren unerträglichen seelischen, gewaltvollen und sexuellen Spannungen und als nicht steuerbar, also als übermächtig erlebten Impulsen.
Damit verdeutlicht sich eine Nachbarschaft zur Dynamik von Substanz- und Verhaltensabhängigkeiten, die ja ebenso schwierig zu behandeln sind.


Was opfern Täter?
  • Zunächst einmal opfern sie ihre Fähigkeit zu Mitgefühl und Empathie mit anderen Lebewesen, insbesondere von Schutzbefohlenen oder Schwächeren.
  • Damit opfern sie auch ihre Zugehörigkeit zum gemeinschaftlichen Konsens der Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit – sie werden zu „Unmenschen“.
  • Sie opfern meist das zwanghaft immer wieder, was in ihnen selbst zerstört wurde: Verletzlichkeit, Zartheit, tiefe und feine Empfindungen, pulsierendes, atmendes, fühlendes und gesund-strahlendes Leben.
    Denn die Götter sind anspruchsvoll und geben sich nur mit dem Wertvollsten zufrieden.

So bekommt der Begriff „Opfer“ einen kaum merklichen Beigeschmack des Edlen, da es ja „für eine gute Sache“ ist. Was so klar nicht gedacht und erkannt wird, sondern eher daran zu erkennen ist, wie mit „Opfern“ umgegangen wird; dass zum Beispiel sexuelle Gewalt an Kindern bis heute, Stand Juni 2020, vom Straftatbestand her ein Vergehen ist, und damit in dieselbe Kategorie wie Ladendiebstahl (!) fällt.

"Beute" statt "Opfer"
Aus der Sicht derer, die geopfert werden, dürfte der Begriff „Beute“ wohl treffender sein und weit angebrachtere Reaktionen der damit konfrontierten Menschen hervorrufen, nämlich spontanes Mitgefühl, Beschützerdrang und Handlungsimpulse, die auch durchgeführt werden.

Wir vergleichen:
„Missbrauchsopfer“      <===>     „Kinder, die zur zerstörten Beute von Tätern wurden“

Merken Sie den Unterschied in Ihrer Reaktion?

* Wikipedia: "Das Nomen Opfer ist eine Rückbildung aus dem Verb opfern. Dieses bereits im Althochdeutschen belegte Verb (opfarōn) wird auf das lateinische Verb operari („ausführen“, „verrichten“) oder zu lateinisch offerre („darbringen“, „schenken“) zurückgeführt, in der Bedeutung „der Gottheit dienen“, „Almosen geben“.
Einfluss auf die Bedeutung hat ...  auch das lateinische offerre („darbieten“) ausgeübt.
"

** Wikipedia: Gustave Le Bon definierte „Nimbus“  ... als „eine Art Zauber, den eine Persönlichkeit, ein Werk oder eine Idee auf uns ausübt“, dadurch „alle unsere kritischen Fähigkeiten“ lähme und „unsere Seelen mit Staunen und Ehrfurcht“ erfülle (aus: „Psychologie der Massen“).

4 Kinder schützen vor sexuellen und gewaltvollen Übergriffen!
Das sind die Alarmanzeichen

KINDER SCHÜTZEN VOR SEXUELLEN UND GEWALTVOLLEN ÜBERGRIFFEN!
Kinder schützen vor sexuellen und gewaltvollen Übergriffen:
Das sind die Alarmanzeichen


© Anne Lindenberg. Weitergabe des Textes genehmigt und erwünscht von der Autorin, ausschließlich nur mit Angabe der Quelle: https://www.psycho-holistik.de/kinder-schuetzen-vor-uebergriffen.html
Kinderschutz; kleines Mädchen sitzt zwischen den Eltern und hält sich die Augen zu.Bild
Die Häufung von Anzeichen

Es gibt leider nicht DAS Erkennungsmerkmal, ob ein Kind sexuellen oder gewaltvollen Übergriffen ausgesetzt war oder ist.

Allerdings gibt es Anzeichen, und wenn sie sich häufen, dann könnte es wichtig und vielleicht sogar lebenswichtig für das betreffende Kind sein, dass Sie es fürsorglich, aber unaufdringlich im Auge behalten und die Anzeichen möglichst objektiv darauf zu prüfen, ob sie einmalig, selten oder häufig auftreten und wie sich das Verhalten des Kindes insgesamt entwickelt.
Vielleicht sind Sie die einzige Person, die dem Kind helfen könnte!

Denn es ist ein schwieriger Spagat:
Einerseits bedeutet eine ungerechtfertigte Verdächtigung von Bezugspersonen und damit möglichen Tätern, vor allem, wenn der Verdacht öffentlich oder offiziell geäußert wird, womöglich eine langjährige und schwerwiegende Stigmatisierung der Betreffenden, worunter letztendlich auch wieder das betreffende Kind zu leiden hat.


Warum wird weggeschaut?
Andererseits zeigen uns die Skandale der jüngsten Zeit, dass viel zu viel weggeschaut wird – aus vielerlei Gründen:
  1. Meistens fehlt einfach das Wissen um die wichtigen Anzeichen
  2. „Man“ ist halt höflich im naiven Sinne und lässt sich von der gutbürgerlichen gepflegten Fassade irreführen
  3. „Man“ ist schlicht zu beschäftigt, um sich um die „Angelegenheiten anderer Leute“ zu kümmern.
  4. Auch Hilflosigkeit ist ein Grund für Untätigkeit und „Ausblenden“ des manchmal Offensichtlichen, weil viele Menschen einfach nicht wissen, was sie mit ihrem Verdacht machen sollen.
  5. Und oft spielt auch Angst eine Rolle, wenn zum Beispiel das fragliche Kind den eigenen Chef zum Vater hat oder andere Abhängigkeiten bestehen.

Täter: Rollen und Funktionen
Täter/innen gibt es mit unterschiedlichen Funktionen, die auch kombiniert auftreten:
  1. Aktiv, durch Gewaltanwendung, Manipulation oder Verabreichung von Drogen
  2. Wegschauer, Dulder und Ignoranten im Umfeld des Kindes
  3. Unterstützer: Drogenlieferanten, Filmer, Fahrer, IT-Spezialisten, Kontaktvermittler und andere – was eben so zu einem funktionierenden Netzwerk gehört
  4. Konsumenten von Internet-Darstellungen
  5. Zulieferer und Verkäufer von „Kindermaterial“, also den Kindern selbst oder Foto-/Filmmaterial von ihnen

Potentielle Tätergruppen
  1. Eltern(teile)
  2. Großeltern und sonstige enge Verwandte (Onkel, ältere Geschwister etc.)
  3. Stiefeltern, Pflegeeltern, Adoptiveltern und deren Verwandtschaft
  4. Betreuer (Lehrer, Erzieher, Geistliche, Gruppenleiter, Trainer etc.), also alle Autoritäten im Umfeld
  5. “Freunde des Hauses”
  6. “Der böse Onkel auf dem Spielplatz”
  7. Unbekannte Entführer (z.B. Zulieferer für Kulte)
  8. Ältere Freunde, Gangs, Cliquen

Anzeichen dafür, dass ein Kind Gewalt oder sexuelle Übergriffe erleiden muss
Körperliche Verletzungen
Relativ unverdächtig, wenn sie in einem für ein lebhaftes Kind normalem Maß auftreten:
  1. Schürfwunden und blaue Flecken an Knien und Schienbeinen, Handflächen.
  2. Kopfwunden und blaue Flecke innerhalb der „Hutkrempenzone“ bei Kleinkindern, die noch nicht sicher gehen, laufen oder klettern können
  3. Kinder im Alter von ca. 3 bis 5 Jahren, die miteinander „Doktorspiele“ machen und die eigenen Genitalien sowie die des Gegengeschlechtes spielerisch und unbefangen erkunden
Verdächtig:
  1. Verletzungen aller Art, wiederkehrend.
  2. Schütteltrauma (wie Schleudertrauma, kann tödlich! sein).
    Anzeichen dafür können sein: Schreckhaftigkeit, Trinkschwäche (bei Babys), Schläfrigkeit, verstärktes Unwohlsein und Unruhe, Apathie, Krampfanfälle, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen und Atemstörungen
  3. Kopfwunden bzw. blaue Flecke außerhalb der “Hutkrempenzone” bei Kleinkindern
Höchst verdächtig:
  1. Runde oder halbrunde Brandverletzungen (Zigaretten, Herdplatten)
  2. Verletzungen/blaue Flecken am Hals und am Rumpf (der meist von Kleidung bedeckt ist).

Auffälligkeiten im Verhalten und Körpersymptome
Anzeichen für Gewaltanwendung gegen das Kind:
Es
  1. richtet Aggressionen auf andere, vorzugsweise auf kleinere Kinder oder Tiere (bei Kindern und Heranwachsenden, die einer Kombination aus körperlicher Gewalt, Demütigungen und sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind, kommt häufig die Kombination aus sadistischen Tierquälereien, Bettnässen und Feuerlegen vor)
  2. wird öfters mit angeblichen Unfallfolgen beim Kinderarzt oder in der Klinik vorgestellt, oder diese fallen außerhäuslichen Kontaktpersonen wie Erzieherinnen, Kinderärzten oder Lehrern auf
  3. wirkt unterwürfig, schreckhaft, duckt sich (was Altersgenossen ihrerseits zum Mobben oder Prügeln provoziert)
  4. wirkt unempfindlich gegen Schmerzen, reagiert nicht adäquat
Anzeichen für sexuelle Übergriffe:
  1. Wiederkehrende Blasenentzündungen bei Mädchen
  2. Eindeutige Verletzungen oder Entzündungen im Genital- und Analbereich (selten!, weil viele Täter nicht blöd sind).
    Ausnahme: Das Kind wird im häuslichen Umfeld gehalten und ist fremden Blicken nicht oder kaum zugänglich)

        3. Häufige Halsschmerzen / -infektionen (orale Misshandlungen)    
        4. Wasch- und Duschzwang und andere Zwänge

        5. Zeigt im Spiel, in Kontakten und in der Sprache auffälliges
sexualisiertes Verhalten

        6. Zieht gern viel an, sogar “Matsch und Dreck“
        7. Macht sich hässlicher, verbirgt sein Geschlecht, zieht sehr weite Sachen an
Anzeichen für beides:
  1. Einnässen
  2. Einkoten oder Kot einhalten
  3. Fehlt oft in der Öffentlichkeit (Kindergarten, Schule, Kinder-Events, Kinderarzt)
  4. Verstummt, oder fängt an zu stottern oder zu stammeln, wenn es persönliche Dinge gefragt wird
  5. Schlafstörungen
  6. Nervös, schreckhaft und ängstlich
  7. Zieht sich zurück und verschließt sich
  8. Oder im Gegenteil, auffällig agitiertes und unangemessenes Verhalten
  9. Hat Angst, mit bestimmten Personen allein zu sein (versucht u. U. sehr unauffällig, das zu vermeiden)
  10. Emotionale Achterbahnfahrten, unausgeglichen
  11. Sieht “schlecht” aus (blass oder fahl, übermüdet, elend, kümmert körperlich, körperliche Grazie und Anmut fehlen, tollpatschig, läuft gegen Türen und Möbel)
  12. Verletzt sich mit Absicht
  13. Hat öfters größere Unfälle
  14. Driftet in eine magische Welt ab
  15. Spricht davon, nicht mehr leben zu wollen, bis hin zu Suizid(versuchen), die auch ohne verbale Ankündigung vorkommen!
  16. Extreme Anhänglichkeit zu Betreuern oder im Gegenteil Angst vor Kontakten
  17. Will nicht heimgehen
  18. Essstörungen
  19. Will oder darf sich zum Turnen und oder Schwimmen oder im Sommer nicht entkleiden oder keine kurzärmelige/kurzbeinigen Kleidungsstücke tragen
  20. Relativ plötzliche auffällige Verhaltensänderungen, zum Beispiel schulische Verschlechterung oder Verbesserung (dies als kompensatorische Leistungshaltung, auch zur ablenkenden Fokussierung)

Von Kindern gemalte Bilder – Achtung!
Die Deutung von Kinderzeichnungen kann sehr kurzgriffig sein und ist sehr von der Grundannahme des Deuters oder des Bringers (besorgte Mutter, Lehrer o.ä.) der Zeichnung abhängig! (Gefahr des beliebigen Hineindeutens!) Auch wenn das Kind selbst dazu befragt wird, kann es, gerade wenn es ein Opfer ist, von den Erwachsenen mühelos durch die Art der Fragestellung in jede vermutete Richtung gelenkt werden!

Hilfreiche Verhaltensmöglichkeiten für Sie
Soweit das Kind schon gut verbal beschreiben kann, können Sie sich interessiert verschiedene Tage schildern lassen (Alltag, Sonntag, Ferien, wenn die Mami abends zu ihrem Kurs geht etc.). Damit bekommen Sie einen Eindruck von den Signalen, die das Kind sendet, wenn es Abläufe schildert, die “o.k.” sind (keine besondere Ladung haben) und solchen, die zeigen, dass das Kind beim Schildern unter Spannung gerät. Auch wiederkehrende Lücken sind wichtig (zwischen Zubettgehen und Einschlafen, Schulweg o.ä.)
Ähnlich können Sie auch im Gespräch mit Eltern oder anderen Bezugspersonen vorgehen, im Tonfall eines normalen, interessierten Alltagsgespräches.


Bei einem eindeutigen Verdacht
  • Sammeln Sie zunächst alle Anzeichen, die Ihren Verdacht begründen und fertigen Sie daraus eine gut lesbare und nachvollziehbare Unterlage an.
  • Dazu gehört auch eine Art Tagebuch:
    Was genau Sie wann und bei welchem Anlass beim Kind beobachtet haben.
    Und inwiefern das von der „normalen“ Verfassung dieses Kindes oder Kindern allgemein abweicht.
  • Was Sie ggf. wann an Interaktionen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen beobachtet haben oder bei den Bezugspersonen allein.
  • Diese Unterlage prüfen Sie zunächst selbst möglichst objektiv auf Stichhaltigkeit.
  • Sie können sich auch mit vertrauten Personen darüber austauschen und deren Eindruck einholen, allerdings fairerweise, ohne die betreffenden Personen näher zu benennen. Denn wenn Ihre Vertrauensperson wiederum anderen von dem Verdacht erzählt, kann es schnell zu einer Vendetta gegen womöglich unschuldige Personen kommen.
    Nur Sie tragen die Verantwortung - auch wenn Ihre Vertrauensperson Stillschweigen gelobt hat und doch plaudert!
  • Werden Sie bei der Überprüfung unsicher, dann setzen Sie sich eine Frist für weitere Beobachtungen, die Sie Ihren Aufzeichnungen hinzufügen.
  • Bleibt Ihr Verdacht durch das Lesen und eventueller Besprechung bestehen oder erhärtet sich sogar, dann entscheiden Sie zunächst, ob Sie offen oder anonym tätig werden.
  • Anonymität kann wichtig für Sie sein, wenn Sie sich in einer abhängigen Position zu den vermutlichen Tätern befinden, wozu auch eine enge Nachbarschaft oder eine leichte Auffindbarkeit Ihrer Person (Internet? Lehrkraft? etc.) zählen kann.
  • Es gilt: Besser eine anonyme als gar keine Aktivität!
  • Nun lassen Sie dem Jugendamt Ihre Unterlage zukommen, zusammen mit der Ankündigung, dass, sollte es nicht innerhalb einer von Ihnen genannten Frist (z.B. einem Monat) tätig werden, der Polizei einen Hinweis zukommen lassen werden, mit Nennung des bisherigen Ablaufes.
  • Auch diesen Hinweis an die Polizei können Sie anonym geben, mit den von Ihnen angefertigten Aufzeichnungen; wenn diese ausreichend konkret sind, muss Ihrer Anzeige nachgekommen werden.

Ich hoffe nun, dass Sie sich eingeladen fühlen, die Kinder in Ihrem Umfeld ein wenig im Auge zu behalten und dass ich Ihnen sowohl Wissen vermitteln als auch Sicherheit geben konnte, was Sie unternehmen können!


Wenn Sie therapeutisch arbeiten, dann lesen Sie bitte hier auch den Beitrag zur Arbeit mit erwachsenen Opfern und Tätern.

© Anne Lindenberg. Weitergabe des Textes genehmigt und erwünscht von der Autorin, ausschließlich nur mit Angabe der Quelle:

https://psycho-holistik.weebly.com/blog-psycho-kiste.html
5 Zur Arbeit mit Klienten, die Gewalt und Übergriffe in der Biografie haben
Einige Basis-Aspekte für die Praxis

Zur Arbeit mit Klienten, die Gewalt und Übergriffe in der Biografie haben -
Einige Basis-Aspekte für die Praxis

Arbeit mit Gewaltopfern; weiĂźe Scherben auf Bambusunterlage
INHALTE
  1. Informationen aus dem Internet
  2. Anzeichen bei erwachsenen Klienten für erlebte, aber verdrängte bzw. abgespaltene Gewalteinwirkung
  3. Psychodynamik
  4. Therapeutische Perspektiven
  5. Psycho-Hygiene für Therapeuten
  6. Persönlichkeitsdeformierungen als Folge von erlittener Gewalt und Übergriffen
  7. “Leben ist Leiden”
  8. Rechtliche Lage für den Therapeuten
  9. Therapie mit Tätern

1. Informationen aus dem Internet
  • kinder missbrauch erkennen => Suchwörter für die Google-Suche
  • Symptome von Missbrauch
  • Ratgeber für Mütter
  • Usenet-Selbsthilfegruppe: de.etc.selbsthilfe.missbrauch (newsgroup im Usenet, einrichten im E-Mail-Programm unter: news.btx.dtag.de)

2. Anzeichen bei erwachsenen Klienten …
 … für erlebte, aber verdrängte bzw. abgespaltene Gewalteinwirkung
(emotionale oder körperliche Vernachlässigung; Übergriffe, sexuell, emotional; Misshandlungen; Opfer bei Kulthandlungen...)


  1. Lückenhafte Erinnerungen an die Kindheit bis hin zur vollständigen Amnesie
  2. Emotionale Unverbundenheit beim Erzählen über die Kindheit
  3. Glorifizierung der Eltern bzw. der Kindheit
  4. Komplette Abwertung der Eltern bzw. der Kindheit
  5. Starke Angst-Anzeiger bei der Beschäftigung mit der Kindheit
  6. Angst- und Panik-Attacken
  7. Trauma-Anzeiger bis hin zu ausgeprägten Trauma-Strukturen:  
    Borderline, histrione Persönlichkeitsstörung;  Multiple Persönlichkeit (MPS) bzw. neuere Bezeichnung Dissoziative Identitäts-Störung (DIS); Psychosen und weitere schwere Persönlichkeitsstörungen.
  8. Prostitution und/oder Gewaltimpulse (erleiden oder ausführen); Kriminalität und/oder kriminelles Milieu; eigene Täterschaft oder Duldung von Täterschaft
  9. Ausgeprägtes Suchtverhalten
  10. Starke Angst/Abwehr gegen den Gedanken an eigene Kinder
  11. Starkes bis fixiertes Engagement für den Schutz von Kindern (Täterjagd)
Alle diese Störungen müssen nicht, aber können das Endresultat von schwerwiegenden Gewalt- und Übergriffserlebnissen in der Kindheit sein.

3. Psychodynamik
Erlebte Gewalt “vererbt” sich, weil die Täter ihre Impulse nicht steuern konnten.
Die am häufigsten eingesetzten psychodynamischen Abwehrmuster sind:
Dissoziation, Übertragung, Projektion und Identifikation.
Das kindliche Opfer hat dieses Verhalten bzw. diesen Umgang mit Impulsen “am eigenen Leib” erfahren und so als einzige oder am stärksten prägende Umgangsart gelernt - und
a. wendet es wiederum als Täter nach außen an (wenn es auch “auf Sendung” geht) oder
b. wendet es passiv gegen sich selbst an oder sucht sich auch als Erwachsene/r einen oder mehrere Täter (wenn es im Opfermodus verharrt und ausschließlich “auf Empfang” geht).

Tragisch:
Es bilden sich nicht nur extrem starke Glaubenssätze darüber, “wie das Leben ist”, sondern aus der in der Babyzeit biologisch begründeten Erwartung heraus, (auch emotional) versorgt zu werden, bildet sich der (meist zunächst völlig unbewusste) Glaubenssatz, das in der Kindheit Erlebte sei “Liebe” bzw. emotionale Versorgung (vor allem, wenn der oder die Täter aus dem engen familiären Umfeld stammen). So entstehen
  • Loyalität mit dem Täter (auch für passive, duldende Täter, zum Beispiel die Mutter)
  • die spätere Suche nach ähnlichen Beziehungsmustern
  • die Weitergabe an die nächste Generation.

4. Therapeutische Perspektiven
Das Selbstbild als “Opfer” muss entschärft und erweitert werden!
Selbstverantwortung, Eigenmacht, Selbstbestimmung, Selbsteinsicht, die Täteranteile in sich entdecken und integrieren (Arbeit mit dem Schatten), ressourcenbetonte Trauma-Arbeit und viel Geduld.

Leugnung <====> paranoide Kalibrierung
Der Therapeut bewegt sich grundsätzlich auf dieser Achse.
Zunächst wird er unwillkürlich eine Position einnehmen, die seiner eigenen Betroffenheit von der Thematik entspricht, und zwar in dem Maß, wie er seine Betroffenheit abspaltet oder integriert hat.
Damit kombiniert wird er seine Position so finden, wie es seinen Über-Ich-Strukturen entspricht (Angst, etwas falsch zu machen, etwas zu übersehen, etwas über- oder unterzubewerten) und damit kombiniert seine Informationsquellen (sein Wissen und vom Patienten) mit einbeziehen.
Das ist verständlich, da das Thema nicht nur stark emotional berührt, sondern auch, weil die Klienten den intensiven und destruktiven Input, den sie bekommen haben, als Ladung unwillkürloch energetisch an den Therapeuten (und ans sonstige Umfeld) weitergeben.

5. Psycho-Hygiene für Therapeuten
Der Therapeut sollte also im Interesse des Selbstschutzes und im Interesse seiner beruflichen Kompetenz gut unterscheiden lernen, in welcher Therapiesituation er sich wie und wie weit öffnet oder schützt.
Anzeichen für Sekundärtraumatisierung des Therapeuten:
  1. Widerstand gegen die Arbeit bzw. die Sitzungen mit diesem Klienten
  2. Übelkeit (auch mit Reiz zum Erbrechen), Schwindel, Schwitzen, Denkblockade, Dissoziation, Lähmung während der Sitzung (überreizter Vagus)
  3. Schonung des Klienten, Harmonisierungsdrang, Umgehen schwieriger Themen
  4. Übertriebenes Pushen und Konfrontieren des Klienten
  5. Maßnahmen, auch unwillkürliche oder subtile, die den Klienten zum Therapieabbruch bringen
  6. Sich als Therapeut als Versager und inkompetent fühlen
  7. Überforderungsgedanken und -zustände
  8. Der Drang, Macht und Kontrolle über den Klienten auszuüben
  9. Körpersymptome auch zwischen den Sitzungen (Richtung Burn Out: Kopfschmerzen, Infektanfälligkeit, Herzrhythmusstörungen, chronische Müdigkeit, Weinkrämpfe, Unfälle)
Je intensiver die Thematik des Klienten, desto mehr Spielraum, Überblick bzw. inneren Abstand benötigt der Therapeut!

6. Persönlichkeitsdeformierungen als Folge von erlittener Gewalt und Übergriffen
Immer liegt eine Betonung des Sympathikus vor (als nicht vollendeter biologischer Bedrohungszyklus), und echte entspannte oder “Spiel-”Zeit kommt gar nicht oder nur wenig im Leben vor.

Wenn der Sympathikus seinerseits unterdrückt wird, um beispielsweise die Suizidneigung zu drosseln, geht es in Richtung Depression oder “Abkoppeln”, also Abspaltungen, Absencen etc.
Das gefühlte Leiden kann daher unaushaltbar sein, was überdurchschnittlich häufig zu Substanz- oder Verhaltenssüchten führt, u. a. zu Esssucht (auch Binge Eating, also Fressattacken), Magersucht, Bulimie, Internet-/Chatsucht, Alkohol und Drogen aller Art, Sexsucht, scherpunktmäßig bei Jungen / Männern auch zu Vergewaltigungen / Gewaltanwendung, außerdem Sucht nach Anerkennung und extreme Anstrengungen dafür (Workaholic).

Bei einmaliger/einigen wenigen Gewalt- oder Missbraucherfahrungen:
  1. Bruch des Vertrauens in die schützenden Eltern / die Welt / das Leben
  2. Mit einiger Wahrscheinlichkeit erhöhte Vigilanz, Schreckhaftigkeit, Schüchternheit, Schocktrauma mit Triggerpoints (kann im Dunkeln nicht schlafen, Alpträume, Pavor Nocturnus etc.)

Bei jahrelanger Gewalterfahrung:
  1. Ein (meist zunächst nicht reflektierter) Vertrag mit sich selbst, nie zum Täter zu werden, d.h. auch Verzicht auf den eigenen Wehrtrieb, was die Opferrolle fixiert und auf passive Autoaggression hinausläuft (“Mit dem/der kann man es ja machen”)
  2. Selbst zum Täter werden, Verlust der Impulskontrolle als Persönlichkeitsmuster
  3. Erheblich herabgesetzter Selbstwert und Selbstvertrauen
  4. Chronisch erhöhte Vigilanz (Schlafstörungen, “aufpassen”, also die Welt beobachten), immer mit dem Schlimmsten rechnen
  5. Taktieren statt souverän aus sich heraus agieren
  6. Häufig vorkommende Persönlichkeitsstörungen:
    Dependente - Vermeidende - Selbstunsichere - Zwanghafte - Narzisstische - Borderline - Multiple bzw. DIS (Dissoziative) – Dissoziale

7. „Leben ist Leiden“
Das Lebensgrundgefühl ist meistens qualvoll und geprägt von seelischen Spannungen. Oft kann zunächst nicht reflektiert werden, dass das Leben auch anders sein kann.
Das führt in sehr vielen Fällen zu einer generalisierten oder pointierten Dysfunktionalität, was das Berufsleben, Elternschaft oder Privatleben betrifft. Die Betroffenen bleiben in ihrer Lebensgestaltung sehr oft hinter ihren tatsächlichen Fähigkeiten zurück und / oder dulden unwürdige Zustände.
Oder sie kompensieren hervorragend, bis die Lebensmitte oder ein Live-Event die Kompensation kollabieren lässt.

8. Rechtliche Lage für Therapeuten:
“Bürgerpflicht steht über Schweigepflicht”

Jeder Bürger muss eine Straftat, die ihm bekannt wird, zur Anzeige bringen, oder die konkrete Absicht, eine solche zu begehen, die ihm bekannt wird, verhindern. Er macht sich strafbar, wenn er darüber Stillschweigen behält.
Das bedeutet für den Therapeuten., dass er Gewalt und Übergriffe auf Kinder unter 18 Jahren mindestens an das zuständige Jugendamt, evtl. auch an die Polizei zu melden hat, wenn er einen berechtigten, von Fakten begründeten (Gesprächsprotokolle mit Angabe von Termin, Zeit und Ort) Verdacht hat. Ob er diese Absicht dem Klienten ankündigt, muss im Einzelfall entschieden werden, da der T. auch ein Recht auf Selbstschutz hat.
Evtl. steht noch die anonyme Anzeige zur Wahl.
Oft wird der erste Schritt sein, mit dem Klienten (oft ist es die Mutter) daran zu arbeiten, wie er diesen Missstand schnellstmöglich und wirksam beenden kann bzw. was diesem Schritt im Weg steht.
Der Therapeut hat bei allem Verständnis eine eindeutige, nicht-duldende Position zu beziehen:

Kinderschutz = Null-Toleranz gegen Täter und fortgesetzte Gewaltanwendung!
Der Therapeut hat das Recht, sich und seine Privatsphäre zu sichern, indem er zum Beispiel öffentlich nur mit seiner Praxisanschrift und Telefonnummer in Erscheinung tritt.

Achtung!
Nach einem konfrontierenden Gespräch mit dem Täter kann dessen Aussage und Absicht, die Übergriffe und/oder Gewalttaten zukünftig zu unterlassen, zwar glaubhaft sein, sie bedarf jedoch ausgeprägter Kontrolle, da dieses Verhalten meist keine Steuerung hat, sondern unwillkürlich stattfindet (übermächtiger Drang, Impulskontrollverlust, abgespaltene Anteile etc.).
Er muss seinen Opfern in allen Bereichen fernbleiben und strikte Kontakt-Abstinenz üben! Dafür ist in sehr vielen Fällen eine Kontrolle seitens äußerer Instanzen nötig, bis hin zu Gefängnis oder Sicherheitsverwahrung.


9. Therapie mit Tätern
Täter erkennen:
Wenn Sie mit Klienten an deren Themen arbeiten, haben Sie in der Regel keine Chance, sicher in Erfahrung zu bringen, ob sie Täter an Kindern oder anderen Opfern sind, wenn sie es nicht von sich aus angeben.

Das liegt daran, dass diese Gruppe, wenn und soweit sie überhaupt Hilfe sucht, in der Regel einen genauen Plan verfolgt, um sich auf die Themen ihrer Wahl zu fokussieren und das wirklich brennende Thema, nämlich ihre Täterschaft, komplett auszuklammern und zu schützen.
Als Therapeuten haben wir wahrscheinlich ständig ein angespanntes, vages Bauchgefühl, da wir merken, dass uns Wesentliches vorenthalten wird. Das lässt sich aber schwer zuordnen.
Kommt die gemeinsame Arbeit der geschützten Täterschaft zu nahe, wird in der Regel vom Klienten die Zusammenarbeit beendet, was zumeist den Therapeuten verwirrt, weil er endlich den Eindruck hatte, dass der Therapieprozess in die relevante Richtung geht.
Für „offene" Täterschaft gilt als Voraussetzung für die Therapie:
  • Parallele oder vorgeschaltete Teilnahme des Klienten an einem Programm zur Impulskontrolle.
  • Mit dem Programmleiter (nach beidseitiger Entbindung von der Schweigepflicht) in kontrollierendem Kontakt bleiben (z.B., ob der K. regelmäßig teilnimmt und ob er Fortschritte macht).
Da Gewalt (auch sexuelle) ausübende Täter ausgesprochene Tendenzen zum Lügen, Leugnen und Verharmlosen haben, ist die intuitive und kognitive Beobachtung der Körpersprache extrem wichtig:
Das Bauchgefühl für Stimmigkeit und Glaubwürdigkeit muss unbedingt dabei sein dürfen und beachtet werden!

Ein Täter-Klient, der einem fest und geradeaus in die Augen schaut, mit fester, klarer Stimme Behauptungen aufstellt und sich auch sonst auffällig um Kongruenz bemüht und seine unwillkürliche Psychomotorik permanent zu kontrollieren versucht, ist höchst verdächtig!
Ansonsten sind inkongruente Signale möglichst genau zu beachten, zum Beispiel wenn:   
  • bei einer Beteuerung der Kopf eine “Nein”-Bewegung macht
  • an inhaltlich unpassenden Stellen gelächelt oder gelacht wird (auch angedeutet, wenn z.B. nur der Mundwinkel zuckt)
  • beim Schildern eigener schlimmer Kindheitserfahrungen dem Therapeuten ein scharf-beobachtender kurzer Blick zugeworfen wird
  • der K. beteuert, wie gern er kommt, und tippt dabei mit einem Fuß Richtung Tür etc.

Zusammenfassung
Die therapeutische Arbeit mit Opfern wie mit Tätern ist eine der größten Herausforderungen für die Therapeuten.
Dafür sind fundiertes Wissen, viel Berufserfahrung, gründliche Selbstkenntnisse, eine belastungsfähige Psychohygiene und Selbstfürsorge, regelmäßige Unterstützung durch Supervision sowie ein gewisses Maß an menschlicher Reife unverzichtbar.
Zu Hinweisen darauf, wie Sie auf Kinder in Ihrem Umfeld achten können und das auch Ihren Klienten weitergeben können, gibt es ebenfalls einen Beitrag hier.

6 Erste Hilfe in Krisensituationen
Erste Hilfe in Krisensituationen:
Corona-Krise und andere Ausnahmesituationen
Frau vor Meer und Sonnenuntergang streckt sich und atmet
Wahrscheinlich magst Du die pausenlos über die Medien auf uns einhämmernden Durchhalteparolen nicht mehr hören bzw. lesen.
Deshalb habe ich mir überlegt:
Was könntest Du jetzt in der relativen Isolation brauchen, was könnte Dir nützen? Ich habe drei Tipps für Dich zusammengestellt:
Kleine Übungen, die Du ohne Aufwand und fast nebenbei durchführen kannst und die schnell und positiv wirken.

Tipp Nr. 1:
Stärkung Deines Immunsystems mit der Übung „Dreimal tief Durchatmen mit Wirbelsäulenbetonung“

Tipp Nr. 2:
Freundliche Kommunikation mit Dir selbst
​
Tipp Nr. 3:
Freundliche Kommunikation mit anderen


Tipp Nr. 1:
Stärkung Deines Immunsystems mit der Übung „Dreimal tief Durchatmen mit Wirbelsäulenbetonung“

Unsere Psyche, unser Nervensystem und unser Immunsystem sind, wie mittlerweile feststeht, aufs Engste miteinander verzahnt und wirken wechselseitig aufeinander ein.
Zurzeit bekommen wir jeden Tag haufenweise Infos zu Corona/Covid19 herein, die durchaus auch widersprüchlich sind oder sich schnell ändern (zum Beispiel tagesfrische Erkrankungsquoten).
Das bedeutet, dass wir nicht genau wissen können, wie gefährdet wir sind. Unser Organismus, speziell unser Immunsystem, reagiert darauf wie auf eine Bedrohung und mobilisiert Abwehrmaßnahmen.
Doch es ist nicht orientiert, denn der Feind (das Virus) ist unsichtbar.


  •     Ist der Feind nah?
  •     Wie wahrscheinlich ist ein Angriff?
  •     Aus welcher Richtung könnte er kommen?
  •     Wie genau ist eigentlich der Feind? Was kann er, was macht er?
  •     Und was genau müssten wir tun, um ihn abzuwehren?

Ein desorientiertes Immunsystem sorgt wiederum für die Bildung von „chaotischen“ Stresshormonen, die eben nicht auf eine bestimmte Situation abgestimmt sind, sondern für „alle Möglichkeiten“.
Wir merken das an steigender Angst bis zur Panik, die die meisten Menschen relativ erfolgreich aus ihrem Bewusstsein fernhalten können.
Was bleibt, ist eine gefühlte Verunsicherung, so als ob der Boden nicht ganz fest ist, auf dem man steht. Und auch eine erhöhte Verwirrbarkeit, so dass man also schneller als sonst durcheinanderkommt oder relativ vergesslich ist.

Dagegen können wir etwas tun:
  • Am besten zu jeder vollen Stunde (das kann man sich gut merken) richte Deine Aufmerksamkeit auf Deine Atmung. Atme dreimal tief durch.
  • Stell Dir vor, dass Du die Luft beim Einatmen durch Deine Wirbelsäule bis zu Deinem Steißbein (wenn Du grad sitzt) oder bis zu Deinen Fußsohlen (wenn Du stehst) lenkst.
  • Wenn Du sitzt, hebst Du beim Einatmen die Füße ganz leicht an, so dass Du Deine Sitzfläche deutlicher spürst.
  • Wenn Du stehst, gehe beim Einatmen ganz leicht in die Knie, damit Du den Boden unter Deinen Füßen besser merkst.
  • Beim Ausatmen lässt Du den Körper wieder locker.

Dieses „Dreimal tief durchatmen mit Wirbelsäulenbetonung“ ist für Deinen Organismus, als wenn eine Alarmsirene verstummt und er zumindest vorübergehend seinen Stresspegel etwas senken kann.
Ich empfehle die Übung seit vielen Jahren besonders vor stressigen Situationen (Personalgespräch, Konfliktsituation u. ä.), und da hilft sie sehr gut.
Jetzt zu „Corona-Zeiten“ wäre meine Empfehlung, diese kleine Übung einige Tage lang zu jeder vollen „wachen“ Stunde durchzuführen.
Dadurch kann der Stresspegel soweit sinken, dass sich das Grundgefühl von Bodenhaftung, Orientiertheit und Zuversichtlichkeit wieder einstellen kann.
Und Dein Immunsystem kann sich so wieder auf seine eigentlichen Aufgaben ausrichten!

Tipp Nr. 2: Freundliche Kommunikation mit Dir selbst
Wenn Du zurzeit mehr Leerlauf hast als sonst, kannst Du das als Gelegenheit nutzen, freundliche Selbst-Kommunikation zu üben.
Auch das führt, wenn Du es eine Zeitlang regelmäßig durchführst, zu mehr innerer Ruhe, Freudefähigkeit, Zuversicht und dem Gefühl von innerer Geborgenheit.
Hintergrund: Unwillkürlich und meist unreflektiert behandeln wir uns selbst exakt so, wie wir als Kinder behandelt wurden. Wir verinnerlichten Tonfall, Formulierungen und die versteckten Botschaften, denen wir ausgesetzt waren. Und da wir es damals nicht anders kannten, mussten wir mit uns selbst genauso weiter umgehen, wie wir es kannten.
Damit bewirken wir, dass wir uns womöglich lebenslang innerhalb der Gefühlsskala bewegen, die wir als Kinder kannten. Im Fall einer nicht glücklichen Kindheit ist das nicht unbedingt erstrebenswert.
Und so geht’s:
Wenn Du Dich in einer aktuellen Situation nicht wohl fühlst, dann suche in der Rückschau den Moment, an dem Du das erstmals bemerkt hast. Dieser kann nur Minuten, aber auch Stunden zurück liegen. Atme etwas tiefer als sonst, aber ganz sanft (als ob Dein Atem den kleinen Kopf eins Babys streichelt, das direkt unter Deinem Zwerchfell liegt), und bitte Deine Erinnerung, in Dein Bewusstsein zu bringen, was Du kurz vor diesem Moment innerlich und äußerlich erlebt hast.
​
Wahrscheinlich gab es
  • eine bestimmte innere oder äußere Situation
  • Deine spontane Reaktion darauf und
  • einen Gedanken, der diese Reaktion zensiert und vielleicht unterdrückt hat.

Ein (zeitgemäßes) Beispiel:
  • ​Situation: Du hast einen Hustenanfall.
  • Spontane Reaktion: Du bekommst Angst, dass Du Dir das Virus eingefangen haben könntest.
  • Gedanke: „Ach was, das kann gar nicht sein. Jetzt stell Dich mal nicht so an.“

Der kurzfristige Vorteil ist, dass Du die Angst nicht mehr spürst und „ganz vernünftig“ bist.
Der langfristige Nachteil ist, dass sich dadurch Deine innere Anspannung erhöht, weil Du die Angst nur wegdrückst. Was dazu führt, dass bei der nächsten Gelegenheit mehr Angst auftaucht, die wiederum stärker unterdrückt werden muss. Und so weiter.

Wenn Du diese Eskalation unterbrechen möchtest, dann ist es am wichtigsten, dass Du diesen inneren, automatisch ablaufenden Vorgang überhaupt bemerkst.
​
  • Du brauchst den Moment, an dem Deine Angst (oder sonstige spontane Reaktion) spürbar und der unterdrückende Gedanke innerlich hörbar war.
  • An diesem Punkt kannst Du bewusst einschreiten und Dir die beiden als zwei Konfliktgegner vorstellen, zwischen denen Du vermittelst.
  • Denn Deine spontane Reaktion (in diesem Fall die Angst als warnende Instanz) ist genauso wertvoll wie der bremsende Gedanke, (in diesem Fall ein Verbot, die Angst weiterhin zu spüren, um nicht in kopflose Panik zu verfallen).
  • Beide brauchen Dein Bewusstsein, aus dem heraus Du ihnen freundlich ihre gute Absicht, ihre gute Arbeit und ihren Wert bestätigst. Das geht wieder am besten mit dem sanften Atmen, mit dem Du Dich zwei- bis dreimal abwechselnd jedem Anteil zuwendest und einen freundlichen, wertschätzenden Satz schickst.
  • Der ganze Vorgang braucht nicht länger als ein bis zwei Minuten und kann jederzeit durchgeführt werden.
  • Für den Anfang kannst Du Dir vornehmen, einmal täglich so eine innere Dynamik bei Dir wahrzunehmen und wie beschrieben damit umzugehen.
  • Du kannst natürlich jederzeit mehr davon üben, denn Du wirst recht schnell die positiven Wirkungen wie eingangs beschrieben bemerken:
    Mehr innere Ruhe, Freudefähigkeit, Zuversicht und das Gefühl von innerer Geborgenheit.

​Tipp Nr. 3: Freundliche Kommunikation mit anderen
Ich empfehle Dir, diesen Tipp erst auszuprobieren, wenn Du ein wenig Erfahrung mit Tipp Nr. 1 und Nr. 2 hast.
Denn dann bist Du in einer ausgeglicheneren Verfassung und kannst besser Geduld mit anderen aufbringen, als wenn Du selbst „geladen“ bist.
Denn die Freundliche Kommunikation mit anderen erfordert, dass Du zunächst mal in Vorleistung gehst und für die/den andere/n da bist. Das ist schon eine große Herausforderung und geht nur, wenn Du eine gewisse innere Ruhe hast und Dich durch Dich selbst gut versorgt fühlst.
Wenn Du also zurzeit mit anderen, zum Beispiel Familienmitgliedern, auf engem Raum auskommen musst, kannst Du mit der Freundlichen Kommunikation dafür sorgen, dass Ihr alle Euch entspannter und wohler miteinander fühlt. Freundliche Kommunikation ist ein großes Geschenk, das Ihr Euch gegenseitig machen könnt!
Auf diese Weise kann die gegenwärtige besondere Lage sogar zu einer Chance werden, die Verbindung miteinander toleranter und erfreulicher als in normalen Zeiten zu gestalten, und zwar vielleicht (je nachdem, wie ausgiebig Ihr übt) auch nachhaltig!

Wir verwenden das Prinzip aus Tipp Nr. 2, dass nämlich allem, was jemand sagt und wie sie/er sich verhält, eine im Grunde gute Absicht zugrunde liegt: Die Erfüllung eines Bedürfnisses.
Allerdings ist die Art, wie versucht wird, sich das Bedürfnis zu erfüllen, oft genau zielverhindernd, meist, weil diese Person(en) eine hohe Dringlichkeit und dadurch einen hohen Stresspegel hat/haben.
Die Freundliche Kommunikation können wir in folgende Schritte unterteilen:

1. Schritt: Geduldig zuhören
Lass den oder die andere/n aussprechen und höre aufmerksam zu. Atme währenddessen bewusst sanft und etwas tiefer als sonst.

2. Schritt: Wiedersagen
Wenn Dein Gegenüber im Sprechtempo langsamer wird oder auch mal eine kleine Pause einlegt, kannst Du eine Vermutung äußern: „Ich glaube, … dies und das … ist Dir das Wichtigste.“ Vielleicht widerspricht Dein Gegenüber und spricht weiter. Das macht nichts, denn es kommt nicht so sehr darauf an, wie schnell Du einen „Volltreffer“ landest, sondern darauf, dass der/die andere merkt, dass Du Dir Mühe gibst und dass er/sie Dir wichtig ist.
Im passenden Moment versuchst Du es also wieder. Du willst ein „Ja genau!“ erzielen.

3. Schritt: Das Bedürfnis klären
Wenn Dein Gegenüber sich von Dir verstanden fühlt, kannst Du ihn/sie ermuntern, weiterzusprechen, wenn Du etwa folgendes anbietest: „Und das ist Dir so wichtig, weil?“ Höre Dir das wieder in Ruhe an und fasse es für Dein Gegenüber zusammen, wiederum vielleicht in mehreren Anläufen, bis Du wieder ein „Ja, genau!“ bekommst.

4. Schritt: Die Verhandlung
Wenn Ihr beide nun wisst, um was es eigentlich geht und welches Bedürfnis grad so dringlich ist, könnt Ihr besprechen, was nun am besten zu tun ist.
Du kannst Dein Gegenüber um Vorschläge bitten und Dich dann in Ruhe fragen, ob das für Dich akzeptabel ist.
Wenn nicht, erklärst Du den Grund und machst Du einen Gegenvorschlag, vielleicht einen Kompromiss.
Darauf kann Dein Gegenüber das bestätigen oder wieder einen Gegenvorschlag machen.
Der Unterschied zu konflikthaften gegnerischen Gesprächen ist, dass Ihr nun gemeinsam und in Wohlwollen füreinander nach einer Lösung sucht, die für Euch beide gut annehmbar ist.

Variante von Tipp Nr. 3:
Wenn alle gleichzeitig reden / schreien: Das strukturierte Gruppengespräch

Auch dabei kann die Freundliche Kommunikation helfen. Du kannst die Rolle des Moderators / der Moderatorin übernehmen.
Die Nummernzettel sind ein kleiner Trick, um die Spannung bei aufgeregtem Durcheinanderreden etwas zu lockern.
  • Fertige kleine Nummernzettel an, damit sie für den Bedarfsfall bereit liegen.
  • Wenn die Situation eskaliert, dann verlose die Nummernzettel, so dass eine Reihenfolge entsteht, in der jede/r reden kann, für zwei Minuten und ohne unterbrochen zu werden.
  • Du nimmst die Zeit.
  • Wer als nächstes drankommt, versucht erst zu feedbacken, was wohl das Wichtigste war, das sein/ihr Vorredner ausdrücken wollte. Erst wenn ein „Ja, genau!“ kommt, darf die/der nächste sprechen.

​Auf diese Weise werden alle gehört und verstanden, was alle ruhiger macht; nun kann gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.
Auf YouTube habe ich dazu auch ein Tutorial eingestellt: Das strukturierte Gespräch

Alle Anleitungen kannst Du natürlich, wenn Du das Prinzip erfahren hast, nach eigenem Bedarf variieren.
Nun hoffe ich, dass Du diese Tipps interessant und vielversprechend findest.

Du kannst sie gern weitergeben, mit diesem Copyright-Vermerk:
„Abdruck erlaubt mit freundlicher Genehmigung von der Autorin Anne Lindenberg, IN HOPE, www.psycho-holistik.de“

Herzliche und aufmunternde Grüße,
Anne Lindenberg
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In der Anwärmphase eines jeden Gesprächs werden unterschwellig wichtige nonverbale Daten ausgetauscht.
Wer bewusst damit umgeht, kann den Kontakt wunschgemäß steuern.


Mehr als Geplauder
Manchen ist er lästig, für andere die einzige Verständigungsform: Der Small Talk.
Genutzt wird er beim „Talk In“ als Anwärm-Instrument, als Party-Schmiermittel, zur Vermeidung brisanter Verläufe oder einfach als Geselligkeitstool.
Doch es steckt mehr hinter dem Startgeplauder, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Richten wir unseren Blick auf die Tierwelt, dorthin, wo Säugetiere gesellig in Gruppen leben.
Dort können wir beobachten, dass nicht nur Fremdlinge, die neu in eine Gemeinschaft kommen, jede Menge Beschwichtigungsgesten verwenden (müssen), um ihre nicht feindseligen Absichten zu verdeutlichen. Die sozialen Signalrituale gehen so weit, dass auch ein Gruppenmitglied, das nur kurz abwesend war, bei der Rückkehr betont freundliche Haltungen und Gesten zeigt. Es signalisiert damit: „Ich bin noch das Individuum, das Ihr kennt. In meiner Abwesenheit habe ich nichts erlebt, was meine Verfassung, meine Stimmung oder meine Absichten verändert hat. Bitte nehmt mich wieder in Eurem Kreis auf!“
 
Auf jedem beliebigen Bürgersteig und auf jeder Grünfläche können Sie entsprechende Beobachtungen machen: Dort begegnen und begrüßen sich Hunde. Und auch wenn man sich schon vor zehn Minuten traf, werden dieselben interessiert-freundlichen Begrüßungs-Gebärden vollzogen, als sei man wochenlang voneinander getrennt gewesen. Wenn Sie sich auf nette Art amüsieren wollen, dann vergleichen Sie die Verhaltensweisen mit den parallelen Begrüßungsritualen der Herrchen und Frauchen.
 
Jede Geste sendet eine Botschaft
Nun schnüffeln wir Menschen nicht mehr aneinander herum, um uns zu orientieren, in welcher Gesamtverfassung der andere ist. Nein, wir geben uns die Hand, oder, weniger förmlich, heben wir sie und winken damit oder zeigen, dass wir sie nicht frei haben, weil sie beispielsweise eine Hundeleine oder ein volles Glas hält – ob hier das Zuprosten seine Wurzeln hat?
Dabei handelt es sich natürlich um eine altehrwürdige Beschwichtigung, denn wir zeigen damit, dass wir keine Waffe mit uns führen, die wir womöglich gegen den anderen erheben könnten.
Zusätzlich wurden zu Zeiten der Ritter massive Humpen so aneinander gestoßen, dass Tropfen der Getränke in den anderen Humpen sprangen - der Versuch, Vergiftungsversuchen vorzubeugen.
Böse Zungen behaupten, der alte Brauch des gegenseitigen Umarmens als Begrüßung, praktiziert von Politikern und Mafia-Bossen, soll beiden ermöglichen, sich gegenseitig nach Waffen abzutasten.
Auch die so selbstverständliche Formel: „Wie geht es Ihnen?“ ist nicht nur höflich gemeint.
 
Fremd gleich Stress
Jede Begegnung verursacht zunächst einmal Stress, denn wir gehen instinktiv in einen Alarm-Zustand: Wie ist der andere gestimmt? Ist er krank, kann er mich anstecken? Hat er versteckte Absichten? Ist er gut versorgt oder kommt er womöglich als Räuber oder als Eroberer? Ist er in streitlustiger Stimmung und sucht einen brauchbaren Blitzableiter? Ist er in Not und braucht Hilfe?
 
Diese Vorgänge werden vom Limbischen System (Sitz der Gefühlsverwaltung, auch „Säugerhirn“ genannt) und vom Stammhirn (Sitz unserer Reflexe und Überlebensinstinkte, „Reptilienhirn“) gesteuert, mit dem berühmten Lack der Zivilisation übertüncht und vom Neokortex mit rationalen Erklärungen bestückt.
 
Während wir also in einer Anwärmphase munter miteinander plaudern, sind die Organismen aller Teilnehmer dieser Runde schwer beschäftigt: Sie geben kontinuierlich Signale der Harmlosigkeit und guten Laune, während sie aufmerksam die Körpersprache der anderen aufnehmen und decodieren.
 
Das ganze Ritual dient einem bestimmten Zweck: Es soll den Stress, die Alarmstimmung der Erstbegegnung abmildern, so dass entspanntes Zusammensein oder konstruktive Zusammenarbeit möglich werden.
Beides ist erschwert bis unmöglich, solange der Prozess der Orientierung über die Befindlichkeit der anderen Personen und die damit einhergehende Entstressung nicht stattgefunden hat.
Wird der Small Talk übersprungen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit später (womöglich mitten in der Arbeit am Projekt) Manöver gestaltet, die den oder die anderen aus der Reserve locken sollen, um die Orientierungslücken auf diese Weise noch zu schließen. Unzufriedenheit, Provokationen, Sticheleien, Boykott, Opponieren holen auf schlechte Weise nach, was zu Beginn auf angenehme Art hätte etabliert werden können.
 
Wie kommen wir miteinander aus?
Natürlich geht der Sinn von Small Talk noch wesentlich weiter:
Er ermöglicht, den oder die anderen Anwesenden auf ihren gewohnten Rang abzuklopfen, damit die eigene Position bestimmt werden kann, und natürlich, diese Stellung auch seiner/ihrerseits nonverbal zu kommunizieren.
Er dient dazu, die Kompetenzen und Connections, die Vorlieben und Empfindlichkeiten der anderen abzutasten und gleichzeitig diese Aspekte selbst darzustellen. Hier werden also die Weichen für die folgende Gruppendynamik gestellt, oder, in der Zweierbegegnung, der Verlauf des folgenden Gespräches.
Interessant ist auch, dass die Begrüßungsrituale weniger förmlich sind, wenn ein Treffen auf neutralem Boden stattfindet, auf dem alle gleichberechtigt sind, also zum Beispiel in öffentlichen Räumen, sei es in einem Lokal, einem Museum oder einem Supermarkt.
 
„Herzlich willkommen!“
Sobald jedoch ein Gastgeber im eigenen Revier empfängt, werden von allen Seiten bestimmte Small Talk-Regeln streng beachtet:
Der Gastgeber muss signalisieren, dass er weder „auf Geiseln aus ist“ noch seine „Burg verteidigen“ muss, seine starke Heimspiel-Position also nicht ausnutzen wird. Das gelingt, indem er beide Hände mit den Handflächen nach oben oder vorn ausstreckt, Hände schüttelt, mit Gesten ins Hausinnere einlädt, danach fragt, wie die Anreise war, sich um Mäntel und Schirme kümmert, durch die Räumlichkeiten führt und Getränke und Speisen als Geschenk anbietet.
Er stuft also seinen Rang betont herab, vom „Platzhirschen“ zum „Dienstboten“.
 
Die Gäste wiederum haben oft einen Beschwichtigungsgegenstand dabei, den sie überreichen: Das Mitbringsel. Blumen oder eine Flasche vom Besten zeigen: „Du brauchst Dein Revier gegen mich nicht zu verteidigen, schau, ich habe so reichlich, dass ich abgeben kann; Du kannst also sicher sein, dass ich Dich nicht berauben werde. Und Du brauchst mich auch nicht zu überwältigen, denn ich gebe Dir freiwillig etwas.“
 
Härtetest: Ohne Anlauf zum „Big Talk“
Bevor wir uns damit beschäftigen, wie nun Small Talk als Weichensteller möglichst zielführend gestaltet werden kann, sei noch erwähnt, dass natürlich auch das Überspringen des Small Talks bewusst genutzt wird:
Beispielsweise in Einstellungsgesprächen, im klassischen Assessment-Center oder auch in manchen Mitarbeitergesprächen. Hier werden unter anderem die Belastungsfähigkeit und Stresskapazität getestet, was einfacher und genauer geht, wenn vorher nicht beschwichtigt wird.
 
Verbindung schaffen: So gelingt es
Hier nun die Regeln des guten Small Talks:
Der Sinn besteht, wie wir schon wissen, darin, sich zu orientieren, sich gegenseitig kennenzulernen und Vertrauen zu fassen, sich zu entspannen und wohlzufühlen und Gleiches auch allen anderen zu ermöglichen. Wir vergewissern uns also, ob alle Anwesenden zu friedlicher Koexistenz bereit sind.
Dementsprechend sind Themen tabu, die entweder zu intim, zu belastend oder zu konfliktträchtig sind:
  • Religion
  • Politik
  • finanzielle Situation
  • persönliche Krankheiten und Probleme
  • Sexualität
  • Tratsch und Hetzen über Abwesende
  • Gerüchte
  • Fallweise auch Fußball und ähnliche „Fan-Themen“, wenn man nicht ganz genau weiß, dass alle Anwesenden Fans desselben Vereins oder Promis sind.
Gute Themen sind die, bei denen alle Anwesenden mitreden können:
Das Wetter, wenn auffällig. Die Anreise. Lustige kleine Begebenheiten aus der letzten Zeit, die wahrscheinlich auch andere interessieren. Angenehme kurze Schilderungen, aus welcher Situation man gerade kommt (wenn diese weniger schön war, bauen Sie ein Happy End ein, also beispielsweise: „Und kurz bevor ich starten wollte, kam noch ein wichtiger Anruf. Daher musste ich mich ziemlich beeilen, damit ich pünktlich sein konnte, aber zum Glück waren die Straßen frei.“). Der neueste Kinofilm und der letzte oder der geplante Urlaub.
Kennen sich die Anwesenden, kann gut mit Fragen Bezug auf frühere Themen genommen werden: Wie war die Hochzeit des Sohnes? Hat sich diese oder jene Hoffnung erfüllt?
Ein guter Talk In plätschert für etwa zehn Minuten zwanglos von Thema zu Thema, mit diversen kleinen Höhepunkten, wenn Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen gefunden werden.
 
Auch bei den Verhaltensweisen gibt es NoGos:
Selbstdarstellende, Besserwissende, Angebende, Ausquetschende, große Schweigende oder hintergründig Lächelnde setzen Vorbehalte, Aggressionen und Rachegelüste und steuern oft jetzt schon spätere Eskalationen an, bewusst oder unabsichtlich.
 
Wer meint, nicht viel beisteuern zu können, kann immer lächeln und nicken, ein wenig nachfragen, mit interessierten Gesten und Lauten reagieren und Übereinstimmung signalisieren. Denn jetzt geht es nicht um rigorose Wahrhaftigkeit, sondern um gute Stimmung. Andere mit in den Talk zu ziehen („Ist Ihnen das auch schon passiert?“ oder „Kennen Sie den Film? Ja? Wie fanden Sie ihn?“) zeugt von hoher sozialer Präsenz und bringt Pluspunkte in dieser Rangordnung.
 
Und zum Schluss der Talk Out
Nicht unterbewertet werden sollte auch der „Talk Out“, also das Verabschiedungsritual. Ob wir es wollen und wissen oder nicht, jede noch so kleine Trennung aktiviert, wiederum von den älteren Hirnregionen ausgehend, alle guten und traurigen Erfahrungen, die wir schon damit gemacht haben.
Es gibt gar nicht wenige Menschen, die grundsätzlich früher gehen, meist mit rationalen guten Gründen, und auf diese Weise das Abschiednehmen kurz halten oder möglichst ganz vermeiden.
Andere wieder brauchen noch viel Dialog an der Tür, bis sie gehen können.
 
Kommen wir nun zum Punkt
In Punkto Small Talk sehen sich Therapeuten, Coachs und Trainer einem Balance-Akt gegenüber:
Einerseits ebnen die Begrüßungsrituale samt Anfangsplauderei den Weg zueinander, man kalibriert sich aufeinander, geht in Resonanz miteinander. Andererseits trifft man sich ja letztendlich zu einer gemeinsamen Arbeit.
Daher kann sich glücklich schätzen, wer ein feinfühliges Händchen für Übergänge und Überleitungen hat.
 
Gerade in der Zweier-Sitzung sind die möglichen Effekte zu berücksichtigen:
Ist der Wechsel vom Small zum „Big“ Talk zu abrupt, fühlen sich Klient oder Coachee vielleicht überrumpelt oder unterschwellig gerügt für zu ausführliches Geplauder.
Wird der Übergang zu sanft und gleitend gestaltet und kommen gezielte Nachfragen auf das Ausgeplauder, bleibt bei unserem Gegenüber womöglich der Eindruck zurück, dass „alles Gesagte gegen ihn verwendet werden kann“ und er wird unnötig vorsichtig. Denn vielleicht hätte er dieses und jenes gar nicht erwähnt oder anders dargestellt, wenn er gewusst hätte, dass die eigentliche Arbeit schon begonnen hat.
 
Talk Out: Wieder verkehrsfähig werden
Nach einer Einzelsitzung kann das Talk Out gezielt genutzt werden, um den Klienten oder Coachee gezielt wieder in verkehrsfähigen Zustand zu versetzen:
 
Ein Kollege, der mit tiefen Trancezuständen arbeitet, hatte vor seiner Praxis einige Parkplätze, die mit Betonpollern begrenzt waren.
Mehrere Male kam es vor, dass die Außenfokussierung und damit auch die Koordinationsfähigkeit seiner Klienten nach der Sitzung noch nicht wieder genügend etabliert waren und sie beim Ausparken die Poller gestreift hatten.
Jede Arbeit, die die Aufmerksamkeit nach Innen lenkt, wie es in Therapie und Coaching üblich ist, braucht also einen Ausklang, damit wieder auf „Außen“ umgeschaltet werden kann.
Dafür eignen sich Schlussrituale, wie zum Beispiel Bezahlung und Terminvereinbarung am Ende der Sitzung und beim Mantel-Anziehen noch ein kleiner Talk Out.
 
Small Talk-Training
Wie kann nun der optimale Small Talk überprüft und gegebenenfalls trainiert werden?
Eine sehr gute Möglichkeit ist das Einholen von Außenwahrnehmungen, und zwar je detaillierter und begründeter, desto besser.
Optimal wäre eine kleine Übungsgruppe mit Menschen, die sowohl im Beobachten als auch im Feedbackgeben geübt sind.
Die Arbeitsvereinbarung sollte freundliche Ehrlichkeit bei den Feedbacks beinhalten. Dabei wird guter Wille auf allen Seiten vorausgesetzt. Und: Es geht nicht um objektive Wahrheiten, sondern um subjektive Wahrnehmungen.
Mit vier Teilnehmern kann das Zweiersetting ebenso geübt werden wie die Gruppenplauderei.
Dabei sollten immer ein bis zwei Teilnehmer reihum als Beobachter und Feedbackgeber fungieren.
Folgende Übungsszenarien sind denkbar, aber natürlich nach dem individuellen Bedarf der Teilnehmer zu variieren:
  • Einander fremde Teilnehmer eines Seminars stehen vor dem Seminarraum und warten auf Einlass.
  • Der Seminarleiter begrüßt sie.
  • Sie gehen miteinander Mittagessen.
  • Sie verabschieden sich nach dem Seminar.
  • Ein erstes Treffen; Klient oder Coachee und Therapeut oder Coach kennen einander noch nicht persönlich - Begrüßungsphase und Überleitung zur Arbeit.
  • Die Sitzung geht zu Ende – Überleitung zur Verabschiedung.
  • Sie treffen sich zur zweiten Sitzung, sonst wie oben. Unterschiede zum ersten Treffen?
 
Nach jeder Übung geben die Beobachter den Protagonisten und diese einander Feedback, mit besonderem Augenmerk auf die nonverbalen Körpersignale, wie Haltung, Gestik, Spiegeln, Tonfall und Lautstärke, Gestaltung des Blickkontaktes und wie die Gesamtheit der Signale auf den Stresspegel, die Stimmung, die Compliance, also das Arbeitsbündnis und auf den Sympathiegrad einwirken.
Dann können die Rollen gewechselt werden.
Wenn Sie sich drei- bis viermal treffen und einen Nachmittag lang die verschiedensten Szenarien miteinander üben, haben Sie viel gelernt und können Small Talk zielführend gestalten statt ihn nur über sich ergehen zu lassen.
 
Zum Weiterlesen:
„Small Talk“ bei Amazon eingeben!
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